Martin Pfisters Rede bei der Medienkonferenz am 11. April zur Intiative «Versorgungsregion Säntis im Gesundheitswesen»
Die Standeskommission befürchtet, dass im Zuge der Gründung der Versorgungsregion Säntis unsere schweizweit tiefsten Krankenkassenprämien auf das Niveau der beiden andern Säntiskantone angehoben würden.
Das Krankenkassenwesen liesse sich jedoch bei einer allfälligen Einbindung in die Versorgungsregion Säntis weiterhin über kantonale Agenturen organisieren, wie dies bereits von der Initiative für eine Einheitskrankenkasse vom März 2007 vorgesehen war. So könnten die Prämien auch künftig individuell pro Kanton festgelegt und die Leistungen vergütet werden.
Unsere Initiative stellt vor allem eine bessere Koordination der medizinischen Angebote in der Versorgungsregion Säntis ins Zentrum. Denn die aktuelle Überversorgung kostet uns viel Geld (Redetext von Daniela Mittelholzer). Für eine seriöse Argumentation lohnt es sich, den Fokus nicht nur auf die Krankenkassenprämien, sondern differenziert auf die gesamten Gesundheitskosten unseres Kantons zu richten.
Im Landsgemeindemandat 2019 (S. 201+207) argumentiert die Standeskommission mit dem schweizweit tiefsten Innerrhoder Gesundheitskostenniveau. Doch die Fakten zeigen ein anderes Bild. Unser Kanton finanziert gemäss den aktuellsten Zahlen des Bundesamts für Statistik (BFS) in der Ostschweiz das Gesundheitswesen mit dem höchsten Staatsbeitrag pro EinwohnerIn. Berücksichtigt man neben den landesweit tiefsten Krankenkassenprämien auch diesen Staatsbeitrag, liegt das Innerrhoden Gesundheitskostenniveau hinter Zug und Nidwalden nur noch an drittgünstigster Stelle.
Dies ist allerdings erst die eine Seite der Medaille. Die andere Seite zeigt, dass die volle Kostentransparenz der Kantone im Gesundheitswesen fehlt, was kaum thematisiert wird. Knapp die Hälfte der Gesundheitskosten in unserem Land lassen sich nicht auf die einzelnen Kantone aufteilen, weil weder dem BFS noch den Kantonen – ausser dem Kanton Waadt, der selbst Daten erhebt oder schätzt – vollständige Zahlen vorliegen. Verlässliche Daten liegen bei den Kostenanteilen vor, die durch den Staat bezahlt oder durch die Leistungen der Krankenversicherungen (KVG) abgedeckt werden.
Von den restlichen 46,9 Prozent der Gesundheitskosten, die weder vom Staat noch von den Krankenkassen (KVG) übernommen werden, lassen sich nur 4,3 Mrd. Franken Kostenbeteiligungen an Krankenversicherungen den einzelnen Kantonen zuteilen. Die weiteren 33,4 Mrd. Franken, die privat oder öffentlich bezahlt werden, können auf Grund dieser ungenügenden Datenlage den einzelnen Kantonen gar nicht zugeordnet werden. Dazu gehören u.a. folgende Kostenanteile:
• Selbstzahlungen, die unter der Krankenkassen-Franchise liegen
• Selbstzahlungen, die nicht über Krankenkassen abgerechnet werden können (z.B. Alternativmedizin)
• Prämien für Privatversicherungen (v.a. im stationären Bereich)
• Selbstzahlungen für sozialmedizinische Institutionen (Pflegheime, Heime für Behinderte und Suchtkranke)
• Selbstzahlungen in Apotheken und Drogerien
• Selbstzahlungen in Zahnarztpraxen und Zahnkliniken (keine Abdeckung durch Krankenversicherung)
• Ausgaben anderer Sozialversicherungen (u.a. IV, Unfallversicherungen)
• Ausgaben Ergänzungsleistungen
Wenn es die Standeskommission mit dem Sparwillen im Gesundheitswesen ernst meint, ist es notwendig, dass unser Kanton für alle Finanzierungsbereiche im Gesundheitswesen leicht zugängliche Daten und die volle Kostentransparenz liefert.